Zum Inhalt springen

Straße und Schule in Illingen nach Pfarrer Arnold Fortuin benannt:„Zeichen für Toleranz, Menschlichkeit und Zivilcourage“

Am 20. März wurde der „Schwarze Weg“ unterhalb der Bergkapelle in „Arnold-Fortuin-Straße“ umbenannt; die in der Straße gelegene Gemeinschaftsschule heißt jetzt „Fortuin Gemeinschaftsschule Illingen“.
Weihbischof Brahm und Dr. Armin König, Bürgermeister von Illingen
Datum:
21. März 2019
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Illingen – Die Gemeinde Illingen ehrt den 1970 verstorbenen Pfarrer Arnold Fortuin, der von vielen Sinti und Roma als Heiliger verehrt wird. Am 20. März wurde der „Schwarze Weg“ unterhalb der Bergkapelle in „Arnold-Fortuin-Straße“ umbenannt. Gleichzeitig erhielt die in dieser Straße gelegene Gemeinschaftsschule den Namen „Fortuin Gemeinschaftsschule Illingen“.

Zu Beginn der feierlichen Namensgebung feierten Weihbischof Robert Brahm, Ortspfarrer Dietmar Bell und der in Deutschland für die Sinti- und Roma-Seelsorge zuständige Pfarrer Jan Opiéla gemeinsam mit den Festgästen, einen Wortgottesdienst in der Bergkapelle über Illingen. Mit dabei waren auch die Gemeindereferentin Eva-Maria Fortuin, Nichte des jetzt Geehrten, weitere Familienmitglieder, Landrat Sören Meng, Bürgermeister Dr. Armin König, Ortsvorsteher Wolfgang Scholl, Schulleiter Burkard Maurer und einige Sinti- und Roma-Familien.

Weihbischof Brahm stellte in seiner Predigt den 1901 in Neunkirchen/Nahe geborenen Fortuin als einen Mann vor, der Priester werden wollte, um sich ganz frei seinen Mitmenschen hingeben zu können, besonders denen am Rand der Gesellschaft. Nach seiner Priesterweihe 1927 habe er als Kaplan in Saarbrücken erste Kontakte zu Sinti und Roma geknüpft, die damals schon als „Aussätzige der Gesellschaft“ behandelt worden seien. Später als Religionslehrer in Bad Kreuznach habe er für die Mitgliedschaft in kirchlichen Jugendverbänden geworben, habe das menschenunwürdige Regime der Nazis verachtet und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft. Als Lehrer entlassen und als Pfarrer nach Beuren versetzt habe er im SS-Sonderlager Hinzert festgesetzten Sinti und Roma zur Flucht verholfen. Damit habe Fortuin in einer totalitären Zeit - auch zum eigenen Nachteil - Verantwortung übernommen für die eigene, katholische Freiheit, aber auch für die Freiheit der Anderen, in seinem Falle der Sinti und Roma. Seit 1950 Pfarrer in Illingen habe er sich weiter für Sinti und Roma eingesetzt und die damals sogenannte „Zigeuner-Wallfahrt“ mit zeitweise mehr als 1.000 Wallfahrern organisiert. Ab 1965 war er als Seelsorger für die Sinti und Roma in ganz Deutschland zuständig. Dieses besondere Engagement hätten nicht alle Illinger geteilt. Fortuin sei aber seinem Standpunkt treu geblieben und sei immer wieder für die Roma und Sinti eingetreten. Damit sei er ein „Beispiel für Zivilcourage und christliche Lebensführung“. Es lohne sich, seinen Namen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. „Er war ein Mensch, ein Priester, der die Integration, das Zusammenleben aller Völker verstanden hat. Eine Botschaft, die kaum aktueller sein kann, als in unseren Tagen. Über die Grenzen des eigenen Ichs an die Ränder der Gesellschaft schauen und sie einladen, am Leben der Gesellschaft teilzunehmen“, sagte Brahm. Über dieses „leuchtende Zeugnis gelebter Nächstenliebe, Solidarität und Christseins“ dürfe sich Illingen, die Schule und die Kirche im Bistum Trier freuen.

Man wolle mit dem neuen Namen „Farbe bekennen“ sagte Bürgermeister König zur Enthüllung des neuen Straßenschildes. Der neue Name der Straße und der Schule sei ein Zeichen für Toleranz, Menschlichkeit und Zivilcourage. Mit der Namensgebung würdige die Gemeinde Illingen einen Lebensretter und einen Unterstützer der Verfolgten und Benachteiligten, der in der Nazizeit seinen Beruf und seine Freiheit, vielleicht sogar sein Leben riskiert habe.

Er bewundere den „trotzigen Widerstand“ Fortuins, sagte Schulleiter Maurer. Der Illinger Pfarrer habe der Nachkriegsgesellschaft den Spiegel vorgehalten und ins Fleisch gepiekst, das habe der Gesellschaft gut getan. Zum Vorbild mache ihn sein Mut zu seiner christlichen Überzeugung zu stehen und gegen den Strom zu schwimmen. Im Prozess der Namensfindung der Schule habe man gemeinsam die Bergkapelle wieder entdeckt und feiere dort Schulgottesdienste. Die Schulgemeinschaft habe sich intensiv mit der Person und dem Wirken Fortuins beschäftigt. Dieser Prozess werde weiter gehen. So wolle man sich an der bekannten Stolperstein-Aktion beteiligen, eine Gedenktafel errichten, wolle „Schule ohne Rassismus“ werden und – wenn möglich – einen „Arnold-Fortuin-Raum“ einrichten. „Bei aller Kritik an der Kirche: Eine gute Tat bleibt eine gute Tat. Und deshalb heißen wir Fortuin Gemeinschaftsschule Illingen“, sagte Maurer.

(red)