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Gegenwart und Zukunft der Krankenhausseelsorge im säkularen Umfeld :"Zeugnis geben von Glaube und Zweifel"

Um das Thema „Kirche für andere! Seelsorge im säkularen Umfeld des Krankenhauses“ ging es bei der Jahrestagung der Krankenhaus-Seelsorgerinnen und -Seelsorger in Trier.
Matthias Marder und Esther Braun-Kinnen im Dialog mit dem Plenum
Datum:
26. Okt. 2018
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Trier – Rund 60 Krankenhaus-Seelsorgerinnen und -Seelsorger haben sich am 24. Oktober im Trierer Robert Schuman-Haus zu einer Jahrestagung versammelt, um sich zum Thema „Kirche für andere! Seelsorge im säkularen Umfeld des Krankenhauses“ auszutauschen. Im Plenum befanden sich neben Pfarrern, Diakonen und Ordensleuten auch Gemeindereferenten, Pastoralreferentinnen und andere Diplomtheologen. Zum Programm der Tagung gehörten Vorträge, spirituelle Impulse und Gespräche in kleineren Arbeitsgruppen, die ihre Ergebnisse anschließend gemeinsam vorstellten und diskutierten.

Hinsichtlich des Rollenverständnisses der Krankenhausseelsorger herrschte Einigkeit: In den letzten Jahren gehe eine zunehmende Professionalisierung des Berufsbildes einher mit einer Öffnung nach außen. Vor allem in Gegenden wie in Ost-Deutschland oder in (groß-)städtischen Milieus treffe man zunehmend auf konfessionsfreie Patienten, berichtet der Dresdner Gastreferent Matthias Marder. „Gerade junge Patienten, die nicht mit Kirche und Glauben aufgewachsen sind, suchen oftmals nach einem tieferen Halt, also nach dem, was Glaube meint, ohne vielleicht schon benennen zu können, was sie da suchen. Diese Sehnsucht ist gerade in existenziellen Krisensituationen sehr hoch“, so Marder, der zunächst als Sozialarbeiter und Seelsorger in einer Caritas Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie gearbeitet hat. Seit vier Jahren ist der Theologe Referent für Kirchenentwicklung im Bistum Dresden-Meißen.

Von dieser Sehnsucht spricht auch Carmen Mohr, Gemeindereferentin aus Bad Kreuznach: „Ich treffe immer häufiger Patienten, die sich keiner Kirche zugehörig fühlen und teils unsicher sind, ob sie das Angebot Seelsorge überhaupt in Anspruch nehmen dürfen.“ Die Seelsorgerin, die in einer psychosomatischen Fachklinik tätig ist, hört zunächst einmal zu, wenn sie einen neuen Patienten kennenlernt: „Erst mal begegnet man sich auf der menschlichen Ebene. Nach und nach kann man gemeinsam Fragen stellen. Wo ist Gott im Alltag zu finden? Könnte Religion eine wichtige Ressource für mich sein? Und wenn ja: Wie kann ich Spiritualität so gestalten, dass sie mir für mein Leben dient, mir weiterhilft?“

Erwin Graus, Krankenhauspfarrer in Saarbrücken, resümiert die aktuelle Situation der Krankenhausseelsorge: „Die Nähe zur Kirche nimmt ab.“ Zugleich steige aber die Zahl der Anfragen; das Spektrum an Patienten werde vielfältiger. Auch erlebe er in der Seelsorge eine große Offenheit: „Man reicht dem Patienten den eigenen Glauben, der kann dieses Angebot annehmen, wenn er möchte. Wichtig ist, den Patienten in seiner Suchbewegung zu begleiten und in seinen Fragen und Zweifeln mit ihm zu gehen, ihm aber nichts überzustülpen.“ Zugespitzt fasst Rudolf Ackermann, Pastoralreferent aus Bad Kreuznach, diese Tendenz im Plenum zusammen: „Die unheilvolle Trennung zwischen Kirche und Welt ist im Krankenhaus nicht mehr angebracht.“

Krankenhäuser seien „Orte von Kirche“, die in einem mehr oder weniger auf Effizienz getrimmten System Freiräume bieten muss; in denen sollen Glaube und Zweifel gleichermaßen zur Sprache kommen, meldet ein Teilnehmer der Tagung zurück. Religiosität müsse sich an dem orientieren, was der Mensch sucht und braucht. „Rituale können notwendig sein und helfen, können aber manche Menschen auch blockieren“, weiß Pfarrer Graus, der auch in einem Hospiz als Seelsorger mitarbeitet.

Mit Blick auf die Zukunft der Krankenhauseelsorge präsentierten die Sprecher der einzelnen Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vor dem Plenum. In dem dafür arrangierten Stuhlkreis wurde ein Platz symbolisch freigehalten für Bischof Dr. Stephan Ackermann. Dieser musste seine Teilnahme an der Tagung kurzfristig absagen. Um die „Weiterentwicklung der Krankenhausseelsorge innerhalb eines konstruktiven Diskurses gemeinsam mit dem Bischof“ zu gewährleisten, rief Esther Braun-Kinnen vom Bistum Trier (Abteilung Pastorale Grundaufgaben im Bischöflichen Generalvikariat) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, konkrete Wünsche und Anregungen auszusprechen, die sie an den Bischof weitergeben werde. Ein Schwerpunkt der Debatte lag dabei auf dem Aspekt „Personalpolitik“. Hier müsse die Professionalisierung des Personals gewährleistet werden, der Erwerb „passender Kompetenzen sei unumgänglich“, meldeten mehrere Diskutantinnen und Diskutanten zurück. Marion Latz, Klinikseelsorgerin in Saarbrücken, nahm dabei kein Blatt vor den Mund: „Ich wünsche mir, dass Priester nicht einfach ins Krankenhaus gesetzt werden, weil sie an anderer Stelle nicht mehr gebraucht werden“ – und erhielt dafür Szenenapplaus. Auch sensible Themen wie die Forderung, die Spendung der Krankensalbung solle nicht nur Priestern vorbehalten sein, sind in der kollegialen Runde angesprochen worden.

Um ein abschließendes Leitbild für die seelsorgerische Arbeit im säkularen Umfeld in Gänze auszuarbeiten, wird es noch Zeit zum gegenseitigen Austausch brauchen. Der Dialog ist aber bereits angestoßen.

(ih)