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Situation der Kirchen im Fokus des katholischen Forums Koblenz:Zwischen Skandal und egal

Wie sieht die Gegenwart und Zukunft der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland aus? Dieser Frage widmet sich der Chefredakteur der Zeitschrift "Publik-Forum" in Koblenz.
Ein Mann steht an einem Rednerpult.
Datum:
18. Apr. 2023
Von:
Julia Fröder

Koblenz – „Zwischen großem Skandal und großem egal: Die Kirchen im Säkularisierungsprozess“ – unter dieser Überschrift hat der Vortrag von Matthias Drobinski im Rahmen des katholischen Forums am 17. April gestanden. Im Bischöflichen Cusanus-Gymnasium in Koblenz sprach der Chefredakteur der Zeitschrift „Publik-Forum“ über die Veränderungen in den beiden großen christlichen Glaubensgemeinschaften.

„Vor 20 Jahren war es noch begründungspflichtig, aus der Kirche auszutreten, heute ist es andersherum“, stellte Drobinski in seinem Vortrag fest. Für den Schritt gebe es unterschiedliche Beweggründe, berichtete der Journalist, der unter anderem für die Süddeutsche Zeitung tätig war und Geschichte, katholische Theologie sowie Germanistik studierte. Zum einen gebe es Wut und Zorn insbesondere über die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. „Wie groß das Dunkelfeld wirklich ist“, sei immer noch nicht abzusehen, was auch ein aktueller Fall aus dem Bistum Trier zeige. „Ich verstehe den Zorn der Gläubigen“, so Drobinski.

Zwischen Reformwillen und Belanglosigkeit

Auf der anderen Seite habe es noch nie so einen großen Reformwillen in der katholischen Kirche gegeben. „Die große Mehrheit der Bischöfe will, dass es nicht so weitergeht wie bisher.“ Ergebnisse seien beispielweise das veränderte Arbeitsrecht für Mitarbeitende in katholischen Institutionen.

Zum anderen verspüre er ein „großes Egal“ innerhalb der Gesellschaft. „Religion wird den Menschen weniger wichtig“, sagte Drobinski. Insbesondere jüngere Menschen fragten sich beim Blick auf die erste Gehaltsabrechnung: „Was ist mir die Mitgliedschaft wert? Lohnt sich das für mich?“ Die Kosten-Nutzen-Rechnung würde sich meist nicht zu Gunsten der Kirche auswirken. Diese Säkularisierungsprozesse würden weitergehen, unabhängig vom Erfolg der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt oder von Reformen, mutmaßte der Chefredakteur, dessen Zeitschrift inhaltliche Schwerpunkte auf kirchliche, religiöse und gesellschaftliche Themen legt.

Kern und Auftrag

„Gibt es nichts anderes als den Niedergang?“, lautete seine rhetorische Frage. „Es spricht wenig für einen baldigen Zusammenbruch.“ Auch wenn die Kirchen weiterhin sehr viele Mitglieder verlören, würden sie weiterhin groß, bürgerlich und wohlhabend sein. Trotzdem müssten sie mit weniger Ressourcen und Hauptamtlichen auskommen. „Es wird viel stärker auf die einzelnen Christinnen und Christen ankommen, wie und ob sie sich engagieren“, betonte Drobinski. Doch er machte auch Hoffnung: „Nirgendwo sonst treffen sich so viele Menschen und kümmern sich um Kinder, Alte und Kranke. Nirgendwo sonst organisieren sich so viele Jugendliche, junge Erwachsene und werden auch politisch aktiv – das wird auch so bleiben, wenn Kirchen eine Minderheit sind.“ Schmerzhaft sei der Prozess trotzdem. „Die Situation ist nicht bequem und das Tal ist tief, durch das gerade die katholische Kirche gehen muss.“ Die Kirchen müssten sich entscheiden, was ihr Auftrag und ihr Kern sei.

Der Vortrag mit rund 60 Zuhörenden wurde in Kooperation mit dem CV Philisterzirkel Confluentia Koblenz durchgeführt und von Prof. Friedrich Seibel moderiert.

Das nächste Katholische Forum findet statt am Montag, 8. Mai um 19 Uhr. Markus Frenken von der Sozial- und Rechtspsychologie an der Universität Mainz wird im Klangraum des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums (Zugang über Südallee 30) über „Psychologische Prozesse hinter Verschwörungsmythen – Wer glaubt denn sowas?“ sprechen.

Weitere Informationen gibt es bei der Katholischen Erwachsenenbildung Koblenz, Tel. 0261-9635590, E-Mail keb.koblenz@bistum-trier.de und im Internet auf www.keb-koblenz.de.