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Tomasz Welke vom Bistum Trier hat Partnerorganisationen in Pakistan besucht :Zwischen Unterdrückung und Hoffnungsschimmer 

Tomasz Welke von der Diözesanstelle Weltkirche hat mit dem katholischen Hilfswerk missio Partnerorganisationen in Pakistan besucht und dabei ein vielfältiges aber auch problembelastetes Land erlebt.
Sana Iqbal, ehemalige FSJlerin, Pater Emmanuel Asi und Tomasz Welke (links) vor dem Bibelinstitut
Datum:
13. Jan. 2024
Von:
Simone Bastreri

Trier/Lahore – Was wissen Sie über Pakistan? Nicht viel? Dann geht es Ihnen ähnlich wie Tomaz Welke, Referent beim Bistum Trier in der Diözesanstelle Weltkirche. Vor seiner Reise im Herbst 2023 in das neuntgrößte Land Asiens hatte Welke gerade einmal im Kopf, dass Pakistan Atommacht ist und seit langem mit Indien in Konflikt um die Region Kaschmir liegt. Als zuständiger Referent für das katholische Hilfswerk missio reiste er mit einer kleinen Delegation zu Partnerorganisationen vor Ort, die auch aus dem Bistum Trier teils seit Jahrzehnten unterstützt werden und sich für die Minderheit der Christen und besonders für Frauen in Pakistan stark machen. Im Kopf hatte er dabei auch die besorgten Fragen von Familie und Freunden, ob es in pakistan nicht zu gefährlich sei? Diese Sorgen seien ab dem Empfang durch die Partner vor Ort aber verflogen. 

Solidarität mit Christen in Pakistan gibt ihnen Kraft

„Ziel unserer Reise war es, die Kontakte zu stärken, zuzuhören, was die Menschen vor Ort brauchen und wie wir uns mit ihnen solidarisch zeigen können. Das ist für die Menschen, die dort diskriminiert oder benachteiligt werden nämlich eine ganz wichtige Erfahrung: Dass sie spüren, da gibt es Menschen ganz weit weg von uns in Deutschland, die an uns denken, denen wir nicht egal sind“, erklärt Welke. Von den Partnerorganisationen seien sie sehr herzlich empfangen worden, hätten Blumenketten, Schals und typisch pakistanische Westen geschenkt bekommen. „Das war gut für uns, denn als wir landeten, waren unsere Koffer nicht da. Das konnte wir dann ein wenig kaschieren“, schmunzelt Welke. „Auf dem Flughafen sind sonst nur Einheimische angekommen, von denen viele in Dubai arbeiten. Der Schalter für ausländische Einreisende war gar nicht besetzt. Wir wurden sehr schnell vom Militär befragt und mussten Rede und Antwort stehen, was wir im Land wollen, wer unsere Kontakte sind und so weiter“, erinnert er sich an die Ankunft in Multan, einer der fünf größten Städte des Landes. Während des Aufenthalts der Reisegruppe dort seien sie ständig von Polizei oder Security Mitarbeitern mit Maschinenpistolen begleitet worden, "ein unangenehmes Gefühl", sagt Welke, was bei der Weiterreise dann glücklicherweise nicht mehr der Fall gewesen sei.  

Zerstörte Häuser christlicher Familien in Jaranwala

Religiöse Minderheiten werden diskriminiert

Nicht nur geografisch ist Pakistan abwechslungsreich: Im Norden von den höchsten Gebirgen der Erde wie dem Himalaya und im Osten durch eine Wüste begrenzt, die Ebenen der Mitte durchzogen von Flüssen wie dem Indus ist es die Heimat ethnisch unterschiedlicher Gruppen mit rund 80 Sprachen. Was das Land einst einen sollte, ist die Staatsreligion: der Islam. Pakistan war 1956 der erste Staat weltweit, der sich zu einer Islamischen Republik ausrief, was vor dem Hintergrund seiner wechselhaften Geschichte verständlich wird. 100 Jahre lang gehörten die Gebiete des heutigen Pakistan zu den Kolonien Britisch-Indiens und wurden nach der Unabhängigkeitsbewegung Indiens schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg zum eigenständigen muslimischen Staat. Rund 96 Prozent bekennen sich zum Islam, davon mehrheitlich Sunniten, und nur jeweils rund eineinhalb Prozent sind Christen und Hindus, berichtet Tomasz Welke. Die Minderheitenreligionen seien zwar vor dem Gesetz gleichgestellt, in der Realität würden sie aber diskriminiert und teilweise auch offen angefeindet. So habe ein Mob im Sommer 2023 ein christliches Viertel in Jaranwala überfallen, 100 Häuser und 26 Kirchen angezündet und zerstört. Alles unter dem Vorwand so genannter Blasphemiegesetze, die seit den 1970er Jahren zunehmend politisch missbraucht werden. „Das Schicksal dieser Menschen war wirklich bedrückend, weil ihre Lage so ausweglos ist“, erinnert sich Welke an die Begegnung mit zwei Brüdern und ihren Familien, die nach den Vorfällen in einer anderen Stadt versteckt wurden und ihre Wohnungen kaum verlassen dürfen.  

Junge Frauen zeigen Mut und Stärke

Bei der Begegnung mit jungen christlichen Frauen berichteten diese von Diskriminierungen im Alltag: Bei der Arbeits- oder Wohnungssuche oder beim Studium, wo viele Kommilitonen nicht mit ihnen sprächen oder sie keine Visa für Auslandsaufenthalte bekämen. Auch würden Christen allgemein immer wieder aufgefordert, zum Islam zu konvertieren. „Ein besonders schlimmes Problem sind auch die Zwangsheiraten in Pakistan, oft von sehr jungen Mädchen“, unterstreicht Welke. „Männer nehmen die Töchter ihren Familien weg, zwangskonvertieren sie zum Islam und heiraten sie dann. Viele Familien sind machtlos dagegen.“ Die Delegation sei beeindruckt gewesen von dem Mut der Frauen und ihrer Kraft, über all das zu berichten, was ihnen widerfahren ist. „Ich muss sagen, die Frauen haben so eine Stärke und Energie ausgestrahlt, trotz ihrer leidvollen Erlebnisse, dass sie uns eher Kraft gegeben haben als andersherum“, sagt Welke. Unter anderem unterstütze missio eine Organisation von Anwälten, die sich für die Rechte der Mädchen und Frauen einsetze, aber auch bei Blasphemie-Anschuldigungen Rechtsbeistand leiste. Essentiell sei aber auch politischer Druck: „So haben wir letztes Jahr eine Petition zum Schutz junger Frauen gestartet, das dem Bundesbeauftragten für Religionsfreiheit Frank Schwabe übergeben wurde.“ 

Feministische Theologie ist ein Schwerpunkt des Bibelinstituts für Laien. Hier finden Austausch und Ermutigung statt, besonders gefördert werden Frauen.

Interreligiöser Dialog ist ein Hoffnungsschimmer

Ein Besuch im Bibelinstitut von Father Emmanuel Asi ließ Welke staunen: Schwerpunkte wie feministische Theologie werden hier behandelt oder auch Synodalität. „Also wie die Menschen ihr Christsein in den Gemeinden leben können, sich einbringen können. Also ähnliche Grundfragen wie bei uns. Wenn es also oft heißt, das seien nur Themen in Westeuropa – das stimmt so nicht“, so Welke. Ein Hoffnungsschimmer sei der Besuch in einem Friedenszentrum in Lahore gewesen. Dort leben der Dominikanerpater Father James Channan und der muslimische Großimmam Maulana Abdul Khabir durch ihre persönliche Freundschaft seit vielen Jahren den interreligiösen Dialog vor und setzen immer wieder Zeichen der Freundschaft und des Austauschs. Für ihn sei der Besuch Pakistans erhellend gewesen, sagt Welke. Von einem Entwicklungsland wolle er gar nicht sprechen. Natürlich seien ländliche und städtische Gebiete unterschiedlich weit entwickelt, aber beispielsweise bei der Digitalisierung liege das Land weit vorn. Vor allem sei es der Austausch zwischen den Menschen, der ein besseres Verständnis fördere. Über die von Bistum und Caritas getragenen Sozialen Friedensdienste im Ausland (SoFiA) waren bereits sechs junge Leute aus Pakistan für einen Freiwilligendienst im Bistum Trier – das gelte es zu stärken.    

Mehr Informationen und einen Reiseblog gibt es bei missio Aachen unter: https://t1p.de/missio_blog_pakistan und nachzuhören im Podcast des Bistums Trier.