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Forum „Leben in gelingenden Beziehungen“ diskutiert Änderungspotential im Katechismus:Zwischenschritt beim Synodalen Weg

Bei der Online-Konferenz des Synodalen Wegs diskutierten Sarah Henschke und Prof. Dr. Johannes Brantl beim Forum „Leben in gelingenden Beziehungen" über Änderungspotential im Katechismus.
Logo des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland
Datum:
10. Feb. 2021
Von:
Bischöfliche Pressestelle

Frankfurt am Main/Trier/Nonnweiler – Eine weitere Etappe des kirchlichen Reformprozesses ‚Synodaler Weg‘ hat am 4. und 5. Februar via Online-Konferenz stattgefunden. Schwerpunkte bildeten die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche sowie die Arbeit in vier thematischen Synodalforen. An dem Forum „Leben in gelingenden Beziehungen. Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ sind Sarah Henschke, Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Nonnweiler, und Prof. Dr. Johannes Brantl, Rektor der Theologischen Fakultät Trier und Inhaber des Lehrstuhl für Moraltheologie, aus dem Bistum Trier beteiligt.

Sarah Henschke (Foto: privat)

Die Forenmitglieder erarbeiten Texte, über die letztlich in der Synodalversammlung, die aus 230 Klerikern und Laien besteht, abgestimmt wird. Darin werden auch Handlungsempfehlungen enthalten sein, die sich auf konkrete Passagen im Katechismus beziehen. Änderungspotential biete zum Beispiel der Passus über die Empfängnisverhütung, erklärt Henschke: „Gerade für Frauen in ärmeren Ländern kann das überlebenswichtig sein.“ Die Bereitschaft, den Rotstift anzusetzen, gebe es ebenfalls in den Textabschnitten, die sich mit Masturbation und dem Umgang mit Homosexuellen befassen. Die vom Bundesverband der Gemeindereferentinnen entsandte 29-Jährige vertritt den Standpunkt, dass die kirchliche Sexualmoral individuelle Lebensrealitäten teilweise ausblende und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu wenig Beachtung schenke. Für den Einbezug humanwissenschaftlicher Forschung in den Dialogprozess spricht sich auch Johannes Brantl aus: „Es ist für mich als Moraltheologe ganz selbstverständlich, dass man diese Erkenntnisse miteinbezieht. Allerdings stellen auch die Humanwissenschaften kein einheitliches Bild dar.“ Innerhalb der Disziplinen würden empirische Befunde zuweilen unterschiedlich interpretiert, gibt er zu Bedenken.  

Schere zwischen Lehramt und Lebensrealität

Sorge bereite Henschke die Beobachtung, dass die Kirche im Alltag vieler Menschen zunehmend an Bedeutung verliere; ursächlich sei die Schere zwischen Lehramt und Lebensrealität. Beispielhaft nennt sie den Umgang der Kirche mit queeren Personen, also Menschen, die in ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität von der Hetero-Norm abweichen. „Wir können nicht sagen, du bist gottgewollt, so wie Du bist, aber du musst anders werden. Man sollte den Menschen als Mensch sehen, nicht in seiner geschlechtlichen Identität. Die Kirche muss an den Punkt kommen, dass alle gleichberechtigt sind, und zwar in allen Punkten.“ Wichtig sei ihr vor allem, dass man innerhalb der Kirche angstfrei leben und arbeiten könne. Eine Anpassung des kirchlichen Dienstrechtes sei daher überfällig. „Die Arbeit, die jemand leistet, ist ja nicht schlechter, weil die Person in einer homosexuellen Partnerschaft lebt.“

Prof. Dr. Johannes Brantl (Foto: privat)

Besonders problematisch seien in dem Zusammenhang Aussagen wie die der Maria-1.0-Vertreterin Dorothea Schmidt. Diese hatte in ihrem Redebeitrag einen kausalen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Missbrauch unterstellt. „Das kann ich nicht akzeptieren, und dem müsste noch viel deutlicher widersprochen werden“, fordert Henschke. „Es gibt faktisch keinen Zusammenhang zwischen Homosexualität und Missbrauch. Das ist einfach eine Fehlaussage.“

Sinnvoll sei es, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Foren zu intensivieren, denn thematische Überschneidungen seien offensichtlich, führt Henschke aus. Macht und Gewaltenteilung sei ein Punkt, der in allen vier Foren Anknüpfungspunkte biete. Den Aspekt der Vernetzung unterstreicht auch Brantl, der in beratender Funktion am Synodalen Weg teilnimmt: „Es ist wichtig, Verbindungslinien nachzugehen, die unübersehbar ist – wie bei den Themenfeldern Macht und Sexualmoral. Dies herauszuarbeiten, wird die Herausforderung in der Synodalversammlung sein. “ Insgesamt sei das Programm des deutschen Reformprozesses ambitioniert, so Brantl. „Ich verstehe, dass es manchen zu langsam geht, doch es braucht Zeit zum Austausch, damit es auch ein geistlicher Prozess sein kann. Meine Sorge ist, dass manche hohe Erwartungen haben, die aber innerhalb der Weltkirche, mit der wir in Deutschland eng verbunden sind, kein Gehör finden werden.“ Große Hoffnung setze er allerdings darin, dass der Synodale Weg „sein ursprüngliches Anliegen, nämlich den Missbrauch deutlich zu reduzieren“, umsetzen werde.

„Die Berichte der Betroffenen haben mich tief beeindruckt“, erzählt Henschke. „Sie haben mit ihrem Statement klar aufgezeigt, wofür wir hier sind, – und dass wir beim Synodalen Weg nicht zusammenkommen, um persönliche Wünsche durchzusetzen, sondern um die Fehler der vergangenen Jahre aufzuarbeiten.“ Sie wünsche sich klare Ergebnisse: eine Veränderung der Machtpolitik in der Kirche und die Einforderung völliger Gleichberechtigung aller Geschlechter, orientiert an der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Sie erwarte von den deutschen Bischöfen, dass sie die Beschlüsse der Synodalversammlung am Ende des Synodalen Weges verteidigen und voranbringen. „Nur weil man es sich selbst nicht vorstellen kann, heißt es nicht, dass es nicht möglich ist. Die Kirche hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder geändert. Wir haben jetzt die Chance, dass ein Text entsteht, der auch weltkirchlich von Relevanz ist.“


Der Synodale Weg

Im Dezember 2019 ist der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland gestartet. Er wird getragen von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Der kirchliche Reformdialog soll sich den Fragen nach systemischen Ursachen für sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche stellen, um daraus Konsequenzen für die Kirchenentwicklung in Deutschland und weltweit abzuleiten. Nach der ersten Synodalversammlung vor einem Jahr und den Regionenkonferenzen im vergangenen Herbst war die digitale Konferenz am 4. und 5. Februar eine weitere Etappe des Prozesses, der zunächst auf zwei Jahre angelegt ist. In der Synodalversammlung sitzen auch zehn Frauen und Männer aus dem Bistum Trier; hinzu kommen Mitglieder in den Synodalforen. Diese widmen sich den Schwerpunktthemen ‚Sexualmoral‘, ‚priesterliche Lebensformen‘, ‚Macht und Gewaltenteilung‘ sowie ‚Rolle der Frau‘.

Weitere Informationen gibt es hier www.bistum-trier.de/synodaler-weg.

(ih)